4. Künstliche Photosynthese – Nachhaltig zu Treibstoffen und Grundchemikalien
Aktuell werden verschiedene Szenarien künstlicher Photosynthese intensiv erforscht. Sie orientieren sich an der natürlichen Photosynthese, sind jedoch nicht deren 1:1 Kopie. Eines dieser Szenarien hat die Erzeugung von „grünem“ Wasserstoff mithilfe von Solarlicht als Ziel. Das ist entweder durch Wasserelektrolyse mit photovoltaisch bereitgestellter elektrischer Energie oder durch direkte Wasserphotolyse mithilfe geeigneter Photokatalysatoren möglich. Da Wasserstoff auf mehrere Arten als Brenn- und Treibstoff oder auch als Reduktionsmittel und Grundchemikalie für Synthesen einsetzbar ist, wäre die entsprechende Wasserstofftechnologie carbonfrei. In einem alternativen Szenario wird die künstliche Photosynthese von den Akademien der Wissenschaften wie folgt definiert:
„Die Künstliche Photosynthese dient der Produktion chemischer Energieträger und Wertstoffe unter Verwendung von Sonnenlicht als einziger Energiequelle in integrierten Apparaten und Anlagen. Die besondere Stärke des Ansatzes liegt dabei in der Bereitstellung von erneuerbarer Energie in stofflich gespeicherter sowie lager- und transportierbarer Form. Hierfür wird ein zentrales Prinzip des biologischen Vorbilds nachgeahmt: die Kopplung von lichtinduzierten Ladungstrennungen mit katalytischen Prozessen für die Produktion energiereicher Verbindungen.“
Der gesamte Bericht befindet sich auf den Seiten der Leopoldina.
Die wesentlichen 4 Teilprozesse der künstlichen Photosynthese sind Lichtabsorption, Ladungstrennung, oxidative Wasseroxidation und Reduktion von Protonen und Kohlenstoffdioxid zu energiereichen Kohlenstoffverbindungen wie Methan, Methanol, Kohlenwasserstoffe und Kohlenhydrate. Dabei wird ausschließlich und direkt Solarlicht als einzige Energiequelle ohne Umweg über die Photovoltaik genutzt. Die erhaltenen Produkte können als Brennstoffe oder als Grundchemikalien für weitere Synthesen verwendet werden. Ebenso wie das Wasserstoffszenario ist auch dieses Szenario klimaneutral, ressourcenschonend und nachhaltig.
Defossilisierung statt Decarbonisierung
Im Verkehr und in der Industrie muss die Abkehr von fossilen Energieträgern angestrebt werden und nicht unbedingt eine in den Medien und in der Politik oft geforderte „carbonfreie“ Technologie. Nachhaltigkeit mit „grüner Chemie“ ist auch mit Kohlenstoffverbindungen nach dem Muster des natürlichen Kohlenstoffkreislaufs in der Biosphäre möglich. Wer sich trotzdem für das „Verbot von Verbrennungsmotoren“ einsetzt, sollte sich bewusst sein, dass jeder Mensch eine „natürliche Verbrennungsmaschine“ ist, die ausschließlich aus der Verbrennung organischer Kohlenstoffverbindungen die gesamte Energie für Muskeltätigkeit, Körperwärme, elektrischen Signale im neuronalen System und andere lebenswichtige Abläufe im Organismus bezieht.
Die wirklich nachhaltige Lösung für Mobilität ist langfristig nicht der Elektroantrieb bei Autos, Flugzeugen und Schiffen, sondern der Antrieb mit CO2-neutralen Brennstoffen, die durch künstliche Photosynthese hergestellt werden. Diese Vision wir durch folgende Fakten und Prognosen aus einem GDCH-Sonderdruck zum Klimaschutz unterstützt (Reinhard Zellner: Zu viel CO2 aus dem Verkehr - Ist Elektromobilität die Lösung? GDCh-Sonderdruck, Frankfurt, 2019):
- Elektrofahrzeuge sind in ihrer Herstellung aufgrund des Materialaufwands bei den Batterien CO2-intensiver als Verbrennungsmotoren,
- Brennstoffe wie Benzin und Diesel sind mit massebezogenen Energiedichten von 12 kW ∙ kg-1 Feststoffspeichern wie Lithiumionenbatterien um mindestens den Faktor zehn überlegen,
- seriöse Ökobilanzen sehen E-Autos in Deutschland in etwa auf gleicher Höhe mit sparsamen Verbrennungsmotoren,
- Brennstoffzellen-Fahrzeuge gelten schon heute als sinnvolle Alternative zu batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen und
- synthetische Kraftstoffe auf der Basis von H2 und CO2 sowie weitere Optimierungen der Motorentechnik können zur längerfristigen Akzeptanz des Verbrennungsmotors führen.
Der gesamte Text des oben genannten Beitrags ist frei zugänglich bei der GDCH.
Die Zukunft der Mobilität in Deutschland und in der Welt wird im Verlauf des 21. Jahrhunderts und danach mit großer Wahrscheinlichkeit ein Mix aus verschiedenen Antrieben sein. Dabei wird aber die Tendenz „weg von den fossilen Brennstoffen hin zu solaren Technologien“ durchsetzen.