3. Energetik von Photoprozessen – elektronisch angeregte Zustände A*
Es ist aus praktischen Gründen sinnvoll, Licht in erster Linie als eine Energieform zu betrachten. Prozesse mit Lichtbeteiligung beinhalten immer Energieumwandlungen, bei denen Licht als energetischer input (z. B. in Solarzellen und bei der Photosynthese) oder output (z. B. in LEDs und bei der Chemolumineszenz) oder als beides (z. B. bei der Fluoreszenz und Phosphoreszenz) beteiligt ist. Das „Herz“ eines jeden Photoprozesses ist der elektronisch angeregte Zustand A* eines Moleküls oder anderen Atomverbandes:
“The ‘photo’ part of molecular photochemistry is a historical prefix and is now too restrictive. It is now clear that electronically excited states of molecules are the heart of all photoprocesses. The excited state is in fact an electronic isomer of the ground state.“
― N. J. Turro, Modern Molecular Photochemistry, 1978
Der angeregte Zustand A* wird in der Regel durch Bestrahlung des Grundzustands A mit sichtbarem oder UV-Licht erzeugt, kann aber auch durch Zufuhr einer anderen Energieform, z. B. elektrische Energie, erzeugt werden. Bei der Desaktivierung von A*, d. h. seinem Übergang in den „alten“ Grundzustand (also letztlich keine Stoffumwandlung) oder einen „neuen“ (also Bildung eines neuen Stoffes entsprechend einer chemischen Reaktion), kann es zu einem ganzen Zoo von Photoprozessen kommen. Sie können mithilfe der Experimente, Videos, Modelle und Unterrichtsbausteine von dieser Internetplattform erschlossen werden. Dabei ergibt sich die didaktische Herausforderung, den fundamentalen Unterschied zwischen thermischen und photochemischen Reaktionen herauszuarbeiten. Dies lässt sich modelltheoretisch mithilfe von Energiediagrammen mit der „Reaktionskoordinate“ als Abszisse und der Energie als Ordinate darstellen. Während das reagierende System bei einer thermischen Reaktion ausschließlich auf der Energiekurve des im Grundzustand „wandert“, legt es bei einer photochemischen Reaktion einen Teil des Weges auf der Kurve des angeregten Zustands A* zurück. Verlaufen die Energiekurven wie in dem obigen Bild, so kann aus dem Edukt E durch Erhitzen nur das Produkt P1 erzeugt werden, P2 hat keine Chance. P2 kann aber durch Bestrahlen des Edukts E mit Licht geeigneter Wellenlänge erzeugt werden. Photochemisch sind also auch Stoffumwandlungen durchführbar, die thermisch ausgeschlossen sind. Hervorragende, für die Schule geeignete Beispiele dafür liefern photochemische und thermische Reaktionen zum Phänomen der Photochromie mit dem molekularen Schalter Spiropyran/Merocyanin.